Seefrauengarn vom 6.4.2017

IMG_5404Vor 2 Tagen habe ich mich auf ein Abenteuer der besonderen Art begeben: ich bin nach Teneriffa geflogen, um dort an Bord eines Kreuzfahrtschiffes meine Stelle als Bordmalerin an zu treten. Nach ein paar Jahren als Malerin im heimischen Haus, meist ohne festen Terminplan und allein, manchmal mit dem besten Ehemann, Tochter oder Hund. Aber immer unabhängig. Jetzt teile ich mir mit einer 25 jährigen Kollegin eine winzige Kabine. Mein Arbeitsplatz ist öffentlich und meine Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Man muss ständig ein Namensschild tragen, die Sauberkeit der Kabinen wird kontrolliert und auch die Taschen beim Verlassen und Betreten des Schiffes.
Am Anfang bewegt man sich in den unteren Decks des Schiffes und ist völlig orientierungslos und irgendwie von der restlichen Welt angeschnitten. Man weiß nicht, wo vorn und hinten oder steuer- und backbord ist. Man hat keine Ahnung, wie man von seiner Kabine zum Arbeitsplatz oder, viel schlimmer, in die sogenannte Crewmesse (und da gibt es Speisen und Getränke!) kommt. Man weiß nicht, wo die Toiletten, der Kidsclub, die Restaurants und das Crewdeck sind. Also fragt man in englisch, deutsch, spanisch oder einem Kauderwelsch aus allem irgendjemanden nach dem Weg. Nachts fährt das Schiff zum nächsten Hafen. Die Kabine ist dunkel und es schwankt leicht. Man schläft also göttlich (ich zumindest). Und: Man verliert das Zeitgefühl. Hier heißen die Wochentage Lanzarote, La Gomera, Gran Canaria. Heute ist zum Beispiel La Gomera. Wirklich eine wunderschöne kleine Insel. Niemals wäre ich ohne diesen Job auf die Kanaren geflogen. Da gibt es ja eh nur Rentner und Aussteiger. Auf La Gomera außerdem noch die ehemaligen „Hippies“, die einst in Scharen wegen eines Trommelkurses hierher gepilgert sind. Ich muss gestehen, dass ich weder von der einen noch von der anderen Spezies auffallend viele gesehen habe. Ich hatte einen entspannten Ausflug mit netten Kolleginnen. Jetzt sitze ich auf dem Crewsonnendeck mit Blick auf San Sebastián, genieße noch ein bisschen die Sonne und die Luft. Dann gehe ich in meine Kabine, ziehe meine Uniform an und bereite anschließend das Atelier für die Gäste vor.

No Comments Yet

Comments are closed.

Kategorien